Scaphism
The Blindboy Podcast, 08.11.20171
Eine männlich wahrgenommene Stimme mit irischem Akzent. Lässig in ein Mikro nah am Mund gesprochen. Frei und aufgesagt zugleich. Im Hintergrund läuft leise Klaviermusik.
BLINDBOY |
I’m gonna be reading another short story today, after some, after some rants — ehm — because I want to do something new with the podcast, wanna do something new, want to let it change, let it evolve. |
Let’s have a bit of crack with it, you know, let’s do, let’s tryin do something new. |
Speaking of doing something new, if you will direct your ears you will notice that there is some very gentle tinkling piano playing in the background of this week’s podcast. And the reason for that is you’ll know that I’m all about trying to create that nice warm podcast hug and what I mean by that is, I believe that podcasts exist as little artifacts in this current moment in time. They serve a psychological purpose I believe. Because sometimes I can’t understand why podcasts are even popular you know. Why do we want to listen to somebody rant about shit when if it was the radio we turn it off and call them a prick. But I believe that in our online world of social media where there is a nonstop emotional cacophony, of angry tweets and anxious Facebook posts and looking at too many six packs on Instagram, or the existential anxiety of having to watch Donald Trump and Kim Jong-un awkwardly career nuclear warheads down the collective political urethra like some oily corner of the Deep Web. |
It’s not pretty. You know there’s only two things that provided an element of calm within that extreme attention seeking environment and those things are videos of cats and podcasts. And what podcasts can do I believe is they give you a little warm mindful hug. They allow us to have a little space in the day where we can kind of switch our brains off and, not really switch our brains off, but engage a different part of our brain, a more non-judgmental and compassionate, creative and curious part of our brains to just sit back and listen. |
Eine Stimme spricht zu mir – oder sich – etwa eine Stunde lang, jede Woche. Der Musiker und Autor Blindboy Boatclub lässt sich Zeit. Er sucht nach den richtigen Worten, ist hörbar vorbereitet, weiß worauf er hinaus will, aber sucht sprachlich nach dem richtigen Weg dahin. Wenn man aufmerksam hinhört, bemerkt man manchmal einen Schnitt, als würde er die Pausen zwischen den Gedanken kürzen, aber ohne dass es hektisch klingt. Es bleibt ein zusammenhängender Monolog. Viele Gesprächs- und Interviewpodcasts ziehen einen Teil ihrer affektiven Kraft daraus, dass man Menschen beim (aktiven) Zuhören lauscht. Wenn Menschen merken, dass ihnen wirklich zugehört wurde, sind sie eher dazu geneigt der Interviewer:in zu vertrauen und sich zu öffnen. Eine typische Methode dafür ist das Gesagte zusammenzufassen und zu fragen, ob man es richtig verstanden hat.2 Damit unterscheiden sich diese Gespräche von denen in klassischen durchgetakteten Medien, in denen auf die Antwort hin getrimmt wird. Blindboy überträgt dieses Prinzip der Interviewführung auf seine Monologe. Im Gegensatz zum zwei Minuten Radiobeitrag hat er Zeit. Ich höre ihm zu, wie er sich selber beim Sprechen zuhört und die Kontexte und seine Erkenntnisse erklärt. Es ist ein aufgeführtes Selbstgespräch im Modus des Geschichtenerzählens – sprechendes Denken3 von jemandem mit langjähriger Bühnenerfahrung und einem Gespür für Dramaturgie.
Autoritäre innere Monologe
In dieser Folge denkt Blindboy über sein eigenes Sprechen und den Podcast nach. Das ist nicht ungewöhnlich für Podcasts. In vielen Monolog- und Gesprächspodcasts geht es immer wieder um das eigene Medium. Der Drang sich definieren zu müssen, mag einmal damit zu tun haben, dass das Medium im Gegensatz zu Fernsehen oder Radio immer noch mehrdeutig ist – Podcast kann eine Technik oder ein ästhetisches Genre meinen, je nachdem wen man fragt – aber oft hat es wohl auch damit zu tun, dass viele noch im Begriff sind das Medium von der Seite des Mikros und oft überhaupt das Mikro kennenzulernen. Es sind Autor:innen, die den Klang ihrer Worte zu schätzen lernen, Comedians, die mit einem neuen Publikum experimentieren oder Journalist:innen, die merken, was ihnen im tagespolitischen Nachrichtenkreislauf fehlt. Ihre Erkenntnisse verlaufen dabei nach einem ähnlichen Muster:
„If one listens to enough of a range of shows, one can hear reverberating patterns of thought that shape Podcasting’s discourse: an authentic medium, breaking of traditional media boundaries, democratises communication, an intimate listening experience, indicative of mobile nature of contemporary mediation etc etc.“4
Das unterscheidet Podcasts vom Radio, gilt aber auch für andere „neue“ Medien. Als das Radio aufkam, schien es zunächst unheimlich: Es lag in der Luft und die Welt drang mit ihr ins Wohnzimmer ein. Hoffnungen und Wünsche von allen Seiten waren groß, Sozialisten und Faschisten wollten mit dem Radio die Welt verändern, der öffentliche Rundfunk mit Bildung und Unterhaltung im Wohnzimmer zur Schaffung mündiger Bürger:innen beitragen. Der Anspruch an einen Podcast – zumindest von Hörer:innenseite – ist mitunter ein ganz anderer. Suzannah Showler beschreibt in ihrem Essay Podcast Passitivity, wie sie Podcasts verwendet, um ihre inneren Monologe zu übertönen oder zu ersetzen:
„When I listen to a podcast, I think some part of me believes I’m only hearing myself think […] It’s like downloading a prefabbed stream of consciousness and then insisting it’s DIY. The effect is twofold: a podcast distracts me from the tedium of being alone with myself, while also convincingly building a rich, highly-produced version of my inner life.“5
Auch hier klingt die Wirkungsmacht der Stimme an, die Theodor W. Adorno als Zeuge des 20. Jahrhunderts in seinen Überlegungen zur Autorität der Radiostimme problematisiert:
„The deeper this [radio] voice is involved within his own privacy, the more it appears to pour out of the cells of his more intimate life; the more he gets the impression that his own cupboard, his own photography, his own bedroom speaks to him in a personal way, devoid of the intermediary stage of the printed words; the more perfectly he is ready to accept wholesale whatever he hears. It is just this privacy which fosters the authority of the radio voice and helps to hide it by making it no longer appear to come from outside.“6
Podcasts werden wie das Radioprogramm als akustische Schicht über den Tätigkeiten des Alltags produziert. Aus der medialen Öffnung der Privatheit der Wohnung für die übertragenen Klänge ist die ausgesuchte und personalisierte Öffnung der Privatheit des ortsunabhängigen und körpernahen Hörens geworden. Die Stimmen, die ich mir dafür in den Kopf hole, sollen angenehm klingen, das heißt an ihrem neuen Platz nicht anecken oder kratzen. Sie müssen süffig sein, so wie die tiefe Stimme von Blindboy. Wenn er spricht, klingt er, als säße er bequem. Sein beständiger Monolog beruhigt. So fühlt sich Autorität gut an.
The Podcast Hug
In dieser Folge des Podcasts beginnt nach einigen Minuten im Hintergrund leise ein Klavier zu spielen und es macht den akustischen Teppich von Blindboy noch weicher. Er erklärt es als Hilfsmittel für den Podcast Hug, einem konzentrierten Wohlbefinden, welches er Podcasts zuschreibt. Diese Podcast-Umarmung ist ein ästhetisches und ein technologisches Ding. Auch sie führt zurück auf die Beschreibung vom „authentic medium, breaking of traditional media boundaries, democratises communication, an intimate listening experience, indicative of mobile nature of contemporary mediation etc etc.“4 Blindboy positioniert dieses Gefühl / diesen Klang / diese Anordnung als Fluchtort vor Überforderung und Intensität der Gegenwartserfahrung: „It’s not pretty.“
Die gleiche Fluchterzählung findet sich, wenn auch nicht explizit, bei aufwändig produzierten Podcasts mit großem Team wie Invisibilia wieder. Der Podcast gehört zum Genre, das gerne mit dem Label Storytelling versehen wird und ist gekennzeichnet durch einen „chatty, intimate, narrative-driven and hand-holding style of presentation“7. Die Zuhörer:innen werden hier als „busy, productive, and self-improving individual performing, among others, mundane, solitary, adult tasks“8 angesprochen. Wie mit ihnen dabei gesprochen wird, wie erzählt wird und wie sich zum Beispiel ein von den Macher:innen herausgegebenes „listening party kit“ eine Art gemeinsame Hörparty vorstellt, zeugt im Gegensatz dazu aber eher von einem kindlichen und unselbständigen Charakter9. Dinge werden wiederholt und explizit gemacht, bis sie wirklich jede:r verstanden hat. Es gibt kaum Subtext oder Geschichten zwischen den Zeilen. Dieses kindliche Hören steht einem erwachsenen Alltag gegenüber, bei dessen Bewältigung der Podcast gehört wird.10 Auf dem Weg zur Arbeit, beim Putzen, beim Sport. Tzlil Sharon und Nicholas A. John gehen deshalb davon aus, dass es bei diesem kindlichen Zuhören weniger um den Kontakt zu einem inneren Kind geht, sondern um die mit diesem Modus verbundene Intimität und Wärme.11 Die damit verbundene Komplexitätsreduktion wirkt außerdem entlastend. Invisabilia erzählt so Geschichten aus dem Leben für Erwachsene, aber so verdaulich produziert, wie die Sendung mit der Maus. Auch die ist bei Erwachsenen sehr beliebt – angeblich liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer:innen bei 40 Jahren.12
Wie unterscheidet sich Invisibilia vom The Blindboy Podcast in Bezug auf die vertrauenserweckende Intimität der Stimmen im Kopfhörer? „Chatty, intimate, narrative-driven and hand-holding“7 passt genau so zu Blindboy wie „host-driven linear narrative“13. Auch er macht Storytelling. Im Gegensatz zu Invisabilia geht er aber anders mit der Seltsamkeit (weirdness) der Situation um, in die er sich als Podcaster im Verhältnis zu seinen Hörer:innen und der Welt begibt.
Domestic Cozy
Dieses Seltsame ist ein zentrales Element in Venkatesh Raos Idee des domestic cozy. Er beschreibt diesen Begriff selber als World Hash, einen Zugang, um verschiedene Phänomene zusammenzufassen, die sich nicht auf eine spezifische Ästhetik oder Praxis runterbrechen lassen, aber die durch eben diese Linse betrachtet zusammengehörig erscheinen. Rao führt den World Hash domestic cozy ein, um den Umgang verschiedener Generationen mit dem Internet zu beschreiben. Während Generation X (ca. 1965 – 1980) sich noch im Internet bewegte, als würde man das Haus verlassen und sich dafür einen Mantel anziehen, holte die Millennials (ca. 1980 – 2000) das Internet in ihre Wohnungen, aber gaben sich Mühe, diese auf ihren Instagram Posts von ihrer besten Seite zu präsentieren. Die Generation Z (ca. 2000 – ?) kann sich nach seinem Modell mit dieser Trennung von Innen und Außen nicht mehr identifizieren, weil sie mit der Vernetzung als Teil ihrer Intimsphäre aufgewachsen sind. Sie adressieren im Gegensatz zu den Millennials weniger imaginierte Öffentlichkeiten, sondern favorisieren geschlossene Plattformen wie Snapchat oder TikTok. Aber auch wenn sie gerade erst erwachsen werden, sind sie schon länger Gegenstand von Marketingbemühungen und (netz)kulturell einflussreich. Von dieser vereinfacht in Generationen unterteilten Sozialisation und Mediennutzung ausgehend, ergibt sich die Idee des domestic cozy als Gegenwartstrend. Dabei sind die folgenden Beispiele als Ausdruck von nebeneinander existierenden Bedürfnissen zu verstehen. So wie die Generationen nebeneinander existieren, nutzt die Generation Z natürlich auch weiter Instagram und lernen von klein auf die Grammatik des perfekten Selfies.
„Domestic Cozy is an attitude, emerging socioeconomic posture and aesthetic […] It finds its best expression in privacy, among friends, rather than in public, among strangers. It prioritizes the need of the actors rather than the expectations of the spectator. It seeks to predictably control a small, closed, environment rather than gamble in a large, open one.“14
Domestic Cozy heißt, keine Energie aufzuwenden, um die Illusion von Normalität zu erhalten, sondern die Seltsamkeit und Andersartigkeit zu ignorieren und Wohlfühlräume zu schaffen. Nicht so zu tun, als wüsste man, was los wäre, sondern offen zuzugeben, dass man keine Ahnung hat. Es ist ASMR statt Instagram, Minecraft und Koch-YouTuber statt Shopping, der verspielte Elon Musk statt dem nach Perfektion strebenden Steve Jobs.
Rao argumentiert, dass domestic cozy bedeutet, eine nach Bedarf und Angeboten ausgesuchte (und gleichzeitig fluide) digitale Gemeinschaft emotional in Kategorien zu behandeln und zu adressieren, die vorher der Familie oder traditionellen Abhängigkeitsverhältnissen vorbehalten war. Nach innen gerichtet sind diese Kategorien „comfort, relaxation, intimacy, trust“ und in Verteidigungshaltung nach Außen „discomfort, aggression, stress, hostility and distrust“.15 Mit der Vorstellung dieses Innen und Außen lassen sich so Empörungswellen oder Fehden zwischen Fans, bzw. Fangemeinschaften beschreiben:
„When family-like expectations of a public environment are violated, the responses can exhibit all the exaggerated theatricality and button-pushing impulses of family conflict. When family members fight, they are generally more intent on inflicting emotional trauma than physical or financial hurt. […] When these tendencies center on presumed fictive kin who don’t actually sign on to be part of the ‘fam’, such as university administrators, or on impersonal institutions, the resulting conflict presents as an incongruous, one-sided family drama. […] In family spaces, public status and reputation don’t matter in the same way. What seems like shamelessness to older generations is more like an extension of shameless spaces outwards.“15
Das Versprechen dieser familiären und aufrichtigen Sicherheit wird am besten durch das Schlafzimmer repräsentiert – das eigene Zimmer des Elternhauses bzw. der Wohngemeinschaft. Venkatesh Rao beschreibt domestic cozy räumlich als Rückzug von ceremony (repräsentiert durch die Villa), discomfort (Flughafen), danger (Minenfeld) und deprivation (Wüste).16 An dem Gegenort dazu sitzt man mit lockerer Kleidung und einem Handy in der Hand auf dem Bett und kann jederzeit die Tür schließen und den Tab wechseln.
Das „childlike listening“ bei Invisibilia passt in dieses Zimmer wie der von „little warm mindful hug“ von Blindboy, nur dass Blindboy dabei nicht versucht den Schein der Normalität zu wahren. Mit Rao gesprochen bedeutet das weniger ceremony, weniger Instagram Filter, weniger Fassaden, die eine Authentizität erster Ordnung behaupten. In beiden Fällen handelt es sich um ein Sprechen, das seine Anziehungskraft durch ein Gefühl von Heimeligkeit erhält. Einen Modus, der versucht unter Bedingungen einer medial erweiterten Intimzone und trotz raumzeitlicher Distanz nah dran zu sein. Diese Nähe beschränkt sich dabei nicht auf Aspekte wie Intimität oder Sehnsucht nach Unmittelbarkeit, sondern meint die Orientierung an einem Cluster von Bedürfnissen. Sie soll authentisch sein (keine Villa), angenehm (kein Flughafen), sicher (kein Minenfeld) und nicht langweilig (keine Wüste).
Bei aller Rückzugsmetaphorik ist wichtig anzumerken, dass Rückzug eine Beschreibung aus dem Blickwinkel einer inklusiven gesellschaftlichen Öffentlichkeit ist.17 Blindboy betont außerdem, dass es ihm beim Podcast Hug nicht nur um einen Rückzug geht „not really switch our brains off, but engage a different part of our brain“. Mit diesem andere Teil meint er, wie er in einer anderen Folge18 ausführt, eine andere aktivierende Form von Kognitivität, die er auf die Mündlichkeit des Mediums zurückführt.4
Mündlichkeit
Aus dem schriftlichen Web wird zunehmend ein mündliches. Das galt zunächst nur für die von Alltagssprache beeinflusste Schriftsprache (z. B. in Chats), meint aber heute tatsächliche Fernmündlichkeit. Mit zunehmender Bandbreite wird dieses Web auch sinnlicher, also mehr Sinne betreffend. Die Mündlichkeit unter den Voraussetzungen einer Schriftkultur nennt Walter Ong sekundäre Oralität.19 Mit Brecht gesprochen erleben wir durch die Verwandlung des Distributions- in einen Kommunikationsapparat und der Demokratisierung der Produktionsmittel vielleicht gerade die Ausformung einer tertiären Oralität.20 Sprache kann selber aufgenommen und verschickt oder in Echtzeit übertragen werden und muss nicht in Schrift gespeichert werden. Auf jeden Fall handelt es sich aber um eine neue Phase unserer Kommunikationskultur. Diese Phase ist gekennzeichnet durch eine (durch Technik ermöglichte) neue Mündlichkeit, in der sich wieder Charakteristika der primären Oralität vorschriftlicher Kulturen finden. Von dieser ist diese neue Mündlichkeit aber zu unterscheiden, weil sie durch die Schrift hindurchgegangen ist (sekundäre Oralität). Charakteristika des Denkens und der Ausdrucksformen primär mündlichen Kulturen sind nach Ong:
- Additive rather than subordinate
- Aggregative rather than analytic
- Redundant or ‘copious’
- Conservative or traditionalist
- Close to the human lifeworld
- Agonistically toned
- Empathetic and participatory rather than objectively distanced
- Homeostatic
- Situational rather than abstract21
Ohne genauer auf die einzelnen Punkte, ihre Vollständigkeit oder Aussagekraft über vermeintlich von der Schrift unberührte Kulturen einzugehen, zeigt sich an ihnen zumindest das auf sie projizierte Bild vom Charakter der Mündlichkeit. Und dieses Bild könnte auch eine zeitgenössische Beschreibung vom Kommunikationsverhalten in Social Media und digitalen Medienplattformen sein.22 Der „chatty, intimate, narrative-driven“23 und „hand-holding […] host-driven linear narrative“13 ist genauso wie die „family-like expectations of a public environment“15 in diesem Sinne ausgesprochen mündlich. Wenn in Medienratgebern von Storytelling gesprochen wird, geht es so gesehen weniger um die Dramaturgie einer Story, als um das telling.
Heimelige Massenmedialität
Die von Mündlichkeit geprägte Medienerfahrung ist aber weiterhin von Sender-Empfänger-Beziehungen geprägt, viele davon mit einem massenmedialen Charakter, jede Influencer:in eine kleine Rundfunkanstalt mit Teilöffentlichkeit in seiner Szene. Wir führen eben nicht mit jede:r, gleichzeitig und immer, ein Videotelefonat, um die ganze Bandbreite sprachlicher und nonverbaler Botschaften zu erfassen. Außerdem ist diese Kommunikation Teil einer „online world of social media where there is a nonstop emotional cacophony, of angry tweets and anxious Facebook posts and looking at too many six packs on Instagram“, die wiederum nach Regeln einer neoliberalen Aufmerksamkeitsökonomie organisiert ist. Im gleichen Fluss von News, Memes, Videos und Bildern werden Status und Identität verhandelt und betreffen mich als Smartphone-Cyborg leiblich.
Die Sehnsucht nach und das Angebot an Inszenierungen von Heimeligkeit scheint als Sammelbegriff die Reaktionen auf dieses Konfliktfeld zu fassen. In Podcasts und anderen Medien der Fernmündlichkeit wird sie besonders ersichtlich, weil sie oral und aural sind. Sichtbar wird Heimeligkeit vor allem da, wo sie mit den „alten“ Mitteln ökonomisch erfolgreich ist. Also vor allem auf Plattformen, auf denen Amateure potenziell ein großes Publikum erreichen. ■
Acht Essays Über Internetgelaber | (Digitales) Heimeliges Sprechen
- theblindboypodcast.com/episode/scaphism/
- Siobhán McHugh (2018): „Podcasting’s Dirty Secret: Audio Storytelling takes art, craft, and tons of time“, in: Flow Journal, Jg. 25, Nr. 1.
- Siehe dazu Moritz Klenk (2020): Sprechendes Denken. Essays zu einer experimentellen Kulturwissenschaft
- Dario Llinares: Blindboy’s Podcast Hug (27.06.2019).
- Suzannah Showler: Podcast Passivity (09.12.2019).
- Theodor W. Adorno (2009): Current of Music. Elements of a Radio Theory, S. 376.
- Tzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 2.
- Tzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 1.
- Tzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 8f.
- Vgl. Daniel Levine/Jonathan Kupferman: Data Reveals Podcasts Are Workday-Friendly (23.10.2017)
- Tzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 8.
- Kolja Marker: Maiwald, Armin / Biemann, Christoph: Die Sendung mit der Maus (28.02.2012).
- Tzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 5.
- Venkatesh Rao: Domestic Cozy: 1 (04.03.2019).
- Venkatesh Rao: Domestic Cozy: 3 (12.04.2019).
- Venkatesh Rao: Domestic Cozy: 7 (05.08.2019).
- Vgl. Jürgen Habermas (2020): „Moralischer Universalismus in Zeiten politischer Regression. Jürgen Habermas im Gespräch über die Gegenwart und sein Lebenswerk”, in: Leviathan, Jg. 48, Nr. 1, S. 27f.
- The Tanners Enamel (10.01.2018).
- Vgl. Walter J. Ong (2002): Orality and Literacy. The Technologizing of the Word [Erstausgabe 1982].
- Vilmos Ágel (2005): „Wort-Arten aus Nähe und Distanz”, in Clemens Knobloch, Burkhard Schaeder (Hg.): Wortarten und Grammatikalisierung. Perspektiven in System und Erwerb, S. 103f.
- Walter J. Ong (2002): Orality and Literacy. The Technologizing of the Word [Erstausgabe 1982], S. 36-56.
- Vgl. Robert C. MacDougall (2011): „Podcasting and Political Life”, in: American Behavioral Scientist, Jg. 55, Nr. 6.
- SharTzlil Sharon/Nicholas A. John (2019): Imagining An Ideal Podcast Listener, in: Popular Communication. The International Journal of Media and Cultures, Jg. 17, Nr. 4, S. 2.
Schreibe einen Kommentar